Wasser von oben, Wasser von unten, Wasserdampf , Tauwasser…

Wenn es nach dem Titel dieses Beitrags gehen würde, hätte bei meiner Jurte eine spontane Zellteilung einsetzen müssen. Aber was passierte? Sie fing an zu schimmeln!

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Andrea aus dem Jurtendorf in der Schweiz hat bei unserem Besuch gesagt: „Eine Jurte ist wie ein Baby. Man muß sich immer um Sie kümmern“. – oder zumindest so sinngemäß….

Und ich habe mich rund 3 Wochen nicht um mein Kind gekümmert. Und dann war es krank…
Die unbehandelten Dachstangen waren mit Schimmel bedeckt, das Innenzelt war feucht und an den Auflagepunkten ebenfalls angeschimmelt.

Ich mußte also etwas tun und zwar schnell…
Also habe ich einzelne Stangen heraus genommen, mit Flächendesinfektion für einen overkill gesorgt, Schimmelflecken abgeschliffen und dann mit Leinöl gestrichen und wieder eingesetzt. Nach dem alle Dachstangengestrichen waren habe ich auch das feuchte Innenzelt entfernt ohne die Jurte abzubauen. Während dieser Zeit habe ich bei meinem „kranken Kind “ geschlafen. Es hat geschüttet wie verrückt und der Regen hat auf der Zelthaut regelrecht getrommelt. Trotzdem oder vielleicht auch deshalb habe ich herrlich geschlafen. Die ganze Aktion stand natürlich noch unter Zeitdruck, denn die Jurte sollte eingeweiht werden. Nicht mit einem Fest – das kommt dieses Jahr dran – sondern mit einem Schamanischen Ritual.

Wie komme ich auf ein Schamanisches Ritual?
Beim Jurtenbau hat man die Möglichkeit über vieles nachzudenken. Und bei der ganzen Denkerei – wo komm‘ ich her, wo geh‘ ich hin, was mach‘ ich hier überhaupt – entstand in mir der Wunsch die Jurte meiner Oma Wilhelmine zu widmen, die schon vor meiner Geburt verstorben war.
Doch wie widmet man in einem feierlichen Akt seiner verstorbenen Oma eine Jurte?
Die katholische Kirche bietet hier meines Wissens relativ wenige Ansatzpunkte, zumal ich schon vor 30 Jahren meine Fördermitgliedschaft beendet habe.
Mein Freund und Trauzeuge Dirk beschäfigt sich etwas mit Schamanismus und war auch schon für mehrere Wochen in Nepal bei einem Schamanen. Somit lag es nahe Ihn zu fragen, ob er ein Ritual durchführen könnte. Und er hat zugesagt, obwohl er selbst so etwas noch nie gemacht hat.

Und so kamen Ende September Dirk und Natascha zur Jurteneinweihung von Berlin in den tiefen Odenwald.
Für das Ritual mußten verschiedene Vorbereitungen getroffen werden. Zunächst ein kleiner Altar bestehend aus einer mit Sand gefüllten Schale, ein paar Blumen aus dem Garten, Räucherwerk und einer Opferschale.
In der Opferschale war Reis, Farbpulver und andere Zutaten, die Dirk alle mitgebracht hat. Was Ihm noch fehlte war gemahlener Feuerstein!
Normalerweise hat ja jeder Odenwälder Hillbilly ein Tütchen Feuersteinpulver in seiner Vorratskammer! Doch meins war leider ausgegangen :O
Wo bitte bekommt man gemahlenen Feuerstein her? Klar – man macht Ihn selbst!
Wir hatten vor einiger Zeit von unserer Freundin Birte ein paar „Hühnergötter“ geschenkt bekommen. Das sind Feuersteine mit einem natürlichen Loch in der Mitte. Also habe ich einen davon in Papier gewickelt und mit einem Hammer zertrümmert. Die Trümmer wurden fein gesiebt, wieder in Papier eingepackt und weiter mit dem Hammer bearbeitet. Nach 8-10 mal einpacken, hämmern, auspacken und sieben, hatte ich etwa einen Teelöffel der gewünschten Zutat. Dem Ritual stand also nichts mehr im Wege.

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Ach doch: Ich habe noch ein 5 mm Loch ca. 8 cm tief in die Jurtentür gebohrt. In dieses Loch wurde dann später ein siebenmal mit rotem Faden umwickeltes Haselnussästchen gesteckt.
Und so haben wir Sonntags zu fünft in der Jurte gesessen, uns unbekannte Sanskrittexte gesungen, böse Geister vertrieben, getrommelt und unseren Ahnen Reis geopfert – wie man das als gebürtiger Mitteleuropäer halt so macht!

Das war mein erstes Schamanisches Ritual an dem ich teilgenommen habe. Was ich gedacht und gefühlt habe, möchte ich an dieser Stelle nicht zerreden. Aber es war für mich eine zutiefst spirituelle Erfahrung und ich bin mir sicher, meine Oma hat sich sehr gefreut!
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Ich mag es ja eigentlich gar nicht erzählen – aber 14 Tage später war es wieder so weit! Schimmel!
Also habe ich die Jurte feucht abgebaut und alles im Keller getrocknet. Das Zelttuch blieb glücklicher Weise verschont – aber die Tür zeigte Bläue, die Dachstangen Schimmel und die Scherengitter Stockflecken.
Es war Zeit der bitteren Wahrheit ins Auge zu blicken! Alles nochmal von vorn….
– die Krone schleifen und 2x lackieren
– die Tür vollständig auseinander bauen, Leinöl abziehen, schleifen, 2x lackieren
– das Leinöl von den Dachstangen abziehen, schleifen, 2x lackieren
– und zuletzt – dagegen hat sich mein innerstes am längsten gesträubt – die Scherengitter aufschneiden, alle Stangen schleifen und 2x lackieren :'(

Tja, verbuchen wir es unter Lehrgeld.
Ich bin jetzt fast fertig. Ein paar Kleinigkeiten an der Tür habe ich verbessert, wie z.B. eine Tropfkante, Schraubösen für die Eisenringe und andere Türgriffe. Als nächstes muß ich mich nochmal um den Jurtenboden kümmern.
Doch dazu später, den in meinem nächsten Beitrag werfe ich einen Blick nach Österreich.

Bis dahin,
LG Jurtenkurt